Das SSM – Schweizer Syndikat Medienschaffender – hat an seiner Branchenkonferenz seine Strategie für die anstehenden GAV-Verhandlungen mit der SRG skizziert. Im Fokus stehen gerechte Löhne, Gesundheit und der Kampf gegen Dumping. An der Branchenkonferenz wurde auch viel Unmut im Umgang der SRG mit dem Personal geäussert.
Im Dezember beginnen die Verhandlungen für einen neuen GAV. Der bestehende Gesamtarbeitsvertrag läuft Ende nächsten Jahres aus.
Das SSM steigt konstruktiv in die Verhandlungen ein und will diese Chancen nutzen, um etliche Anliegen einzubringen. An der Branchenkonferenz legten die SSM-Delegierten die Schwerpunkte fest. Ein zentraler Punkt werde die Durchsetzbarkeit sein, erklärt Jérôme Hayoz, Zentralsekretär SSM. «Die SRG tut, macht und interpretiert den GAV vielfach wie ihr gefällt. Derzeit erhalten wir immer mehr Klagen über GAV-Verletzungen». Die langwierigen Schlichtungsprozesse und teilweise sehr schwammig formulierten Regelungen im GAV, die von der SRG sehr oft zuungunsten des Personals interpretiert werden, verdeutlichten, dass da Handlungsbedarf bestehe, so Hayoz. «Es braucht da eine Klärung».
Kritik an der Lohnpolitik der SRG
Ein weiteres Anliegen wird der Druck auf die Löhne sein sowie auf die willkürliche Lohnpolitik der SRG. Sie spart immer öfter bei jungen Mitarbeitenden, die neu bei der SRG zu arbeiten beginnen. Eine junge Delegierte berichtete: «Ich bin vor vier Jahren zu 4500 Franken pro Monat eingestellt worden.» Seither habe sie nur eine kleine Lohnerhöhung erhalten. Gleichzeitig kritisierten ältere Mitarbeitende, dass sie ihren Richtlohn noch nicht erreicht hätten, obwohl sie seit Jahrzehnten bei der SRG arbeiten. Allfällige Lohnerhöhungen würden durch die Vorgesetzten zu willkürlich gewährt. Die Delegierten forderten daher (ganz klar) ein faires Lohnsystem, das Aussicht auf eine Lohnkarriere bietet. Um diesem Anliegen Nachdruck zu verleihen, haben die Kolleginnen und Kollegen aus der Romandie eine Petition lanciert. Die Delegierten der Branchenkonferenz SSM haben entschieden diese Petition zu unterstützen und auch in der Deutschschweiz und im Tessin zu lancieren. Weitere Informationen zur Petition folgen in den nächsten Tagen.
Delegierte sorgen sich um ihre Gesundheit
«Der Druck steigt stetig an: Wir müssen immer mehr Arbeit in immer weniger Zeit erledigen», meinte eine Delegierte. Der Gesundheitsschutz soll deshalb ein weiterer Schwerpunkt in den anstehenden Verhandlungen werden. Ein zentraler Hebel ist dabei die Arbeitszeit. Sie ist nach Ansicht der SSM-Delegierten in vielen Bereichen zu stark dereguliert. Da müsse man ansetzen, befand die Branchenkonferenz. Das sei auch im Interesse der Qualität: Um hochwertige Medienangebote zu produzieren brauche es auch genügend Zeit.
Umgang mit Scheinselbständigen sorgt für Empörung
Aus den SSM-Regionen wurde vermehrt berichtet, dass Temporärangestellte gezwungen werden, eine eigene Firma zu gründen, um dann als Selbstständige bei der SRG zu arbeiten. Auf diese Weise kann umgangen werden, den Temporären einen unbefristeten Arbeitsvertrag nach GAV vorlegen zu müssen. Die Branchenkonferenz verurteilt dieses Vorgehen aufs Schärfste. Es geht nicht an, dass ein Service-Public-Unternehmen Anstellungsdumping betreibt und damit aktiv prekäre Arbeitsverhältnisse fördert.
Der Umgang mit Temporären und Freischaffenden soll deshalb auch in den Fokus der Verhandlungen rücken. Genauer unter die Lupe genommen werden müssen auch die Engagementverträge und der Umgang mit dem Urheberrecht.
Sparen nur beim Fussvolk?
An der Branchenkonferenz des SSM waren nicht nur die anstehenden GAV-Verhandlungen Thema, sondern die Mitarbeitenden brachten auch ihre Sorgen über die neuen Sparmassnahmen zum Ausdruck. Für viele ist nicht mehr nachvollziehbar, wohin das Schiff SRG steuert. Die Stabs-und Koordinationsfunktionen multiplizieren sich, während bei den Programm-Angestellten und der Technik gespart wird. Die Mitarbeitenden befürchten, dass die SRG-Basis die Sparmassnahmen alleine tragen muss.
Überrissene Immobilienstrategie der SRG
Auch die Immobilienstrategie sorgte für rote Köpfe. Das SSM hat die Immobilienstrategie bereits mehrfach kritisiert. «Es ist unverständlich, dass die SRG Millionen von Franken in neue Prestigebauten investiert, währenddem sie beim Personal spart» sagt SSM-Zentralsekretär Jérôme Hayoz. In der Romandie sorgt das Projekt Campus EPFL für Unmut, der geplante Umzug von Teilen des Radiostudios Bern nach Zürich bleibt hochumstritten. Der millionenteure Newsroom im Leutschenbach und weitere Fragen zu Immobilienprojekten kommen noch hinzu. Die Branchenkonferenz SSM hat beschlossen, sich weiterhin und mit Vehemenz gegen die geplanten Millionenausgaben im Immobilienbereich einzusetzen.
Es gibt viel zu tun
Es bleibt noch viel zu tun. Diese GAV-Verhandlungen werden nicht einfach nur normale GAV-Verhandlungen sein, sondern stehen ganz klar unter dem Zeichen eines Umbruchs auf allen Ebenen. Sie müssen dazu dienen, das höchste Gut von Angestellten wieder in den Fokus des Arbeitsverhältnisses zu rücken: Nämlich den Wert der geleisteten Arbeit, die Gesundheit oder Schutz vor übermässigem Druck und die Wertschätzung gegenüber allen Angestellten.