Unternehmensweiter Abbau bei der Kulturberichterstattung: Espace 2, Rete Due, SRF Kultur
Analog den grossen Schweizer Verlagshäusern unterwirft sich die SRG der Marktlogik und spart im grossen Stil bei der Kulturberichterstattung in allen Landesteilen.
In der französischsprachigen Schweiz wurde die Neukonzeption des Kulturradios Espace 2 bereits im Frühjahr 2020 abgeschlossen. Auf dem früheren Kultursender läuft nun ein Musikprogramm. Audio- und Videobeiträge finden sich vermehrt Online.
Dasselbe blüht dem Kultursender Rete Due in der italienischsprachigen Schweiz. Das aufgegleiste Projekt „Lyra“ sieht eine radikale Neuausrichtung des kulturellen Angebots vor. Wortbeiträge sollen deutlich reduziert und Hintergrundsendungen abgebaut werden.
Auch bei SRF Kultur nimmt der Abbau im Kulturbereich kein Ende; weitere Sendungen werden gestrichen (Nachtflug, fiori musicali), müssen sich neu ausrichten (Kulturplatz, Kontext) und erhalten weniger Mittel (Kulturplatz, DOK, Sternstunden etc.).
Kulturberichterstattung ist Kernauftrag – und gerade jetzt von grosser Bedeutung
Unter dem Deckmantel der digitalen Transformation und dem Anspruch ein möglichst breites und junges Publikum zu erreichen, wird die Kulturberichterstattung nun auch bei der SRG zunehmend marginalisiert. Das Schweizer Syndikat Medienschaffender ist besorgt über diese Entwicklung. Die SRG hat einen Leistungs-, Versorgungs- und Förderauftrag im Kulturbereich und muss auch ein Publikum abseits des Mainstreams bedienen.
Das SSM setzt daher ein grosses Fragezeichen hinter die Erfüllung dieser Aufträge. Die vielseitige und anspruchsvolle Kulturberichterstattung in allen Landesteilen gehört zum Kernauftrag der SRG. Die Kultur hält unsere Gesellschaft zusammen und ist gerade wichtiger denn je. Das Kulturschaffen und die Kulturschaffenden in der Schweiz befinden sich aber in der grössten Krise seit Jahrzehnten. Dass die SRG den Schweizer Kulturplatz durch den Abbau der qualifizierten Kulturberichterstattung nun zusätzlich schwächt, erachtet das SSM als verheerend.
Mitarbeitende bleiben auf der Strecke
In allen Unternehmenseinheiten gab und gibt es Widerstand gegen den Abbau im Kulturbereich. Wiederholt haben sich Mitarbeitende zusammengeschlossen und beschwert, dass sie kaum in den Transformationsprozess einbezogen werden und ihre professionelle Expertise nicht einbringen dürfen.
Im Tessin haben 85% der journalistischen Mitarbeitenden eine Petition zur Rettung von Rete 2 unterschrieben, aus Angst vor Repression haben sie allerdings den Weg der anonymen Unterstützung gewählt. Die Gewerkschaft SSM hat die Beglaubigung der Unterschriften vorgenommen und die Petition im Namen der Belegschaft bei der RSI-Führung eingereicht.
Der unternehmensweite Transformationsprozess und der damit verbundenen Abbau führen zu grosser Verunsicherung unter den Mitarbeitenden.
Das SSM fordert die SRG und die verantwortlichen Führungspersonen in den Kulturabteilungen der Unternehmenseinheiten auf, den kulturellen Kahlschlag zu stoppen, die Konzession zu respektieren, die Mitarbeitenden stärker in die notwendigen Transformationsprozesse miteinzubeziehen und die Schweizer Kulturlandschaft zu stärken, anstatt in dieser Ausnahmesituation zusätzlich zu schwächen.