Offener Brief
Sehr geehrte Ständerätinnen, sehr geehrte Ständeräte
Mit der Annahme der Motion «Pressefreiheit in Finanzplatzfragen gewährleisten» (22.4272) am 27.02.2023 haben Bundesrat und Nationalrat das Problem der unzureichenden Pressefreiheit innerhalb des Bankengesetzes adressiert und einen Vorschlag zur Verbesserung gemacht. Wir bitten Sie, es ihnen gleich zu tun. Medienschaffende müssen auch im Finanz- und Bankensektor Hintergründe recherchieren und publizieren können. Medienfreiheit ist ein hohes Gut für eine funktionierenden Demokratie.
Schweizer Journalistinnen und Journalisten dürfen nicht in die Position gedrängt werden, wo sie, aus Angst vor Strafverfolgung, die Recherche von verdächtigen Bankdaten gar nicht erst an die Hand zu nehmen. Dies ist im Falle von «Suisse Secrets» passiert. Ausländische Journalistinnen und Journalisten konnten mit Schweizer Bankdaten zeigen, dass politisch exponierte Personen, die schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen hatten, Bankkonten in der Schweiz führten. Schweizer Medienschaffende, die in diesem Bereich über wichtiges Fachwissen verfügen, um die Enthüllungen besser zu kontextualisieren, waren aufgrund des Bankengesetzes nicht einmal berechtigt, die Daten einzusehen. Die Schweizer Öffentlichkeit erfuhr lediglich aus Medien anderer Länder davon.
Der Pressekodex sieht klare Pflichten für Medienschaffende vor. Der Schutz von Persönlichkeitsrechten hat in diesem Regelwerk viel Gewicht. Journalistinnen und Journalisten müssen das überwiegende öffentliche Interesse stets sorgfältig abwägen. Sie dürfen nur relevante Informationen publizieren. Darüber hinaus schützt das geltende Recht sensible persönliche Daten bereits heute. Das hält auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme fest. Aus diesem Grund bitten wir Sie, so wie es auch der Bundesrat empfiehlt, das Postulat «Handhabung der weiteren Verwendung illegal erworbener Daten» (23.4322) abzulehnen.
Wir stehen hinter dem Recherche-Netzwerk investigativ.ch und unterstützen ihren Offen Brief an den Ständerat.